WAS IST SERVICE ENGINEERING?
Unter Service Engineering wird die systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen im Anlagen- und Maschinenbau verstanden. Der analoge Begriff im IT Service Management nach ITIL lautet Service Design. Beim Service Engineering wird dabei auf die Verwendung verschiedener Modelle und Methoden wie z.B. dem Canvas-Modell zurückgegriffen, das maßgeblich der Geschäftsmodellentwicklung dient.
SERVICE ENGINEERING – AKTUELLE SITUATION UND BEDEUTUNG
Auch wenn viele Unternehmen bereits die Bedeutung des Servicegeschäfts erkannt haben, so sehen sich noch immer viele Serviceorganisationen mit der Herausforderung konfrontiert, dass ihre Organisation nicht für die effiziente Entwicklung und Marktpositionierung neuer Services ausgelegt ist oder eine untergeordnete Rolle spielt. Dabei fehlt es den Serviceorganisationen neben Ideen für neue Geschäftsmodelle auch an einem einfach „Handwerkszeug", sprich Methoden und Modellen zur Entwicklung neuer Services.
Dabei kommt dem Service Engineering, also der fortlaufenden Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Services eine bedeutende Rolle zu. Denn wie auch bei allen anderen Produkten ist auch im Service wichtig
- die Kundenbedürfnisse systematisch zu erfassen und zu kennen
- daraus einen Service mit einem entsprechenden Nutzen für den Kunden abzuleiten
- und ein Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten.
Ist die letzte Anforderung nicht erfüllt, sehen sich Serviceorganisationen in einer Situation der Vergleichbarkeit, was beispielsweise im Ersatzteilgeschäft zu Ersatzteilpiraterie und einem enormen Preiskampf führt.
Dem Service Engineering kommt dabei eine essentiell wichtige Rolle in der Sicherung der Wettbewerbs- und damit Zukunftsfähigkeit einer Serviceorganisation zu.
Vielfach beginnen die Schwierigkeiten schon damit, dass die von Unternehmen angebotenen Dienstleistungen nicht klar definiert sind, d.h. es fehlen eindeutige Beschreibungen der Leistungsinhalte, der relevanten Prozesse und der benötigten Ressourcen. Nur wenige Unternehmen haben frühzeitig damit begonnen, ihr Dienstleistungsangebot systematisch zu strukturieren und eine umfassende Kompetenz zur gezielten Entwicklung neuer Dienstleistungen aufzubauen.
SERVICE ENGINEERING IN ZEITEN DER INDUSTRIE 4.0
Die Industrie und damit auch das Servicegeschäft stehen aktuell (2015) vor einer der größten Veränderungen der letzten Jahrzehnte ausgelöst durch die Ideen und Ansätze zur Industrie 4.0 und Smart Factory. Gerade in Zeiten dieses Wandels ist es für innovative und markführende Anlagen- und Maschinenbauer wichtig nicht ins Hintertreffen zu geraten und damit ihre führende Marktposition zu verlieren. Dem Service Engineering kommt in diesem Zusammenhang eine zukunftsweisende Bedeutung zu. Im Rahmen des Service Engineering haben Serviceorganisationen die Möglichkeit systematisch Geschäftsmodelle für die neue, digitale Welt zu entwickeln. Diese Ansätze werden unter den Schlagworten Service 4.0 und Smart Services bekannt.
HERAUSFORDERUNGEN DES SERVICE ENGINEERING
Serviceorganisationen – gerade im Analgen- und Maschinenbau – sind stark von technisch affinen Mitarbeitern geprägt. Gerade in Deutschland, im Ausland berühmt für „German Engineering", begehen Serviceorganisationen oftmals einen wesentlichen Fehler: Sie beauftragen Ihrer besten Servicetechniker und Ingenieure mit der Entwicklung neuer Services. Das Ergebnis: es werden Dienstleistungen entwickelt, die
- nicht das Bedürfnis des Markts treffen, sondern nur die Perspektive der Techniker widerspiegeln
- keinen Nutzen für den Kunden beschreiben, sondern mit technischen Leistungsbeschreibungen glänzen
Damit besteht die größte Herausforderung für die Geschäftsführung oder den Serviceleiter im Rahmen des Service Engineering ein Team zu bilden, das
- die Bedürfnisse des Markts kennt
- in der Lage ist in den „Schuhen des Kunden zu wandeln"
- einen klaren Nutzen für den Kunden zu formulieren
- frei denken kann, aber zugleich die technische Machbarkeit abschätzen und bewerten kann
CANVAS – EINE METHODE DES SERVICE ENGINEERING
Eine bewährte und weitverbreitete Methode der Geschäftsmodell-Entwicklung ist das Canvas-Modell. Das Modell besteht im Wesentlichen aus neun Spielfeldern. Zu diesen Spielfeldern gilt es im Rahmen der Methode verschiedene Fragestellungen zu beantworten. Übertragen auf den Service bzw. das Service Engineering lauten diese:
- Customer Segments: Wer ist die Zielgruppe für den neuen bzw. weiterentwickelten Service?
- Value Propositions: Wie lautet der Nutzen für den Kunden?
- Channels: Über welche Kommunikations- und Interaktionswege erfahren die Kunden vom Service und wie können sie diesen beziehen?
- Customer Relationships: Wie werden Kunden für den neuen Service gewonnen und wie wird die Kundenbeziehung bei Bestandkunden gepflegt und aufrechterhalten?
- Revenue Streams: Wodurch und in welcher Höhe werden Erlöse für den neuen Service erzielt?
- Key Resources: Welche Ressourcen sind für die Erbringung des Services notwendig?
- Key Activities: Welche Leistungen sind notwendig, um den Service zu erbringen?
- Key Partnerships: Welche Partner sind für die Serviceerbringung notwendig?
- Cost Structure: Welche Kosten entstehen durch die Serviceerbringung für die Serviceorganisation?